Stell dir vor, du gehst über den Hamburger Fischmarkt und wirst von allen Seiten angeschrien. Der Fuldaer Gemüsemarkt ist hier leider kein gutes Beispiel, da geht es nämlich zum Glück recht ruhig zu. Von mir aus kannst du dir auch vorstellen, auf dem Wiener Naschmarkt von Händlern angebrüllt zu werden. Realistisches Szenario bis hier hin?
Und dann ist da zwischen all den Marktschreiern dieser ruhige, zurückhaltende Verkäufer, der dich einfach nur freundlich anlächelt und in Ruhe lässt. Das ist der Moment, an dem du aufhörst, panisch Blickkontakt zu vermeiden. Du schaust dir seinen Stand an, oder? Worauf wir hinauswollen – es gibt einen Effekt in der Werbung: Je subtiler dein visuelles Branding, desto positiver und unaufdringlicher wird deine Marke tendenziell wahrgenommen.
Woher kommt der Effekt?
Bedeutungsvolles Marketing wird immer wichtiger. Menschen interagieren mit Marken, mit denen sie sich identifizieren, deren Werte sie gut finden. Es gilt also, nicht nur laut um Aufmerksamkeit zu schreien, sondern deine Marke mit Werten zu füllen. Außerdem werden Zielgruppen durch den Medienwandel immer empfindlicher gegenüber offensichtlicher Werbung – vor allem seit Social Media wird das Verlangen nach natürlichen, ehrlichen Inhalten immer stärker.
Das alles hat etwas mit langfristigem Vertrauen zu tun, das dir deine Zielgruppe entgegenbringt. Und mit dem Respekt, den du ihr entgegenbringst. Plakatives Branding, laute Schriftzüge mit viel Capslock und Ausrufezeichen, kaum Inhalt mit Mehrwert für die Betrachter:innen – all das erweckt den Anschein, dass man eine kurzfristige und sehr einseitige Beziehung mit deiner Marke eingeht. Funktioniert in manchen Branchen auch, aber das ist eine andere Geschichte. Im Gegensatz dazu steht, dass du mit subtilem Branding den Konsument:innen ein Gefühl von Autonomie gibst und sie sich nicht manipuliert fühlen.
Wie funktioniert’s?
Storytelling und Native Ads, Produktplatzierung und Kooperationen mit Influencer:innen gehören auch zu subtilem Marketing. Es kann sich also in der Tonalität, den ausgewählten Kanälen oder den Kontext-Inhalten und vielem mehr äußern. Wir legen in diesem Beitrag aber den Fokus auf Gestaltung, also subtiles Branding auf der visuellen Ebene.
Um subtiles Branding und seine gestalterischen Ausprägungen zu verstehen, kann man sich globale Marken anschauen. Nike, McDonalds, Coca Cola – die Liste ist lang und sie alle erkennst du ganz ohne Logo (oder zumindest ohne Wortmarke) an der reinen Bildmarke, der Typografie, den Farben oder an Gestaltungselementen, die analog zum Corporate Design gestaltet sind und die Bildmarke an sich weiterentwickeln. Oft stecken hinter dem subtilen Branding dieser Marken smarte Ideen, die einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Betrachter:innen merken selbst, dass sie die Marke erkennen, ohne dass sie ihnen aufgedrängt wird.
Wenn du also beispielweise ein Konzept für deinen Markenauftritt bei Instagram oder eine neue Anzeige entwirfst, beschränke dich nicht darauf, dein Logo so groß wie möglich in die Ecke zu packen. Zersetze dein Markendesign in seine Einzelbestandteile und schau, welche davon Wiedererkennungswert liefern. Ein prägnanter Farbton? Ein charakteristisches Fragment deiner Bildmarke? Deine Typografie an sich? Nutze diese Elemente und präge damit deine Inhalte. Auch eine spezifische Bildwelt rund um deine Marke, die sich um ein Stilmittel oder eine charakteristische Farbwelt bildet, kann subtiles Branding auf diversen Werbemitteln ermöglichen.
Nur ein Trend?
Natürlich passen diese Ansätze gut zum Minimalismus, der gerade ohnehin Trend ist. Gleichzeitig muss subtil nicht unbedingt minimalistisch bedeuten – ganz wichtig. Wird sich der Effekt langfristig halten oder kehren wir zurück zu vermehrt plakativer Werbung? Ein kleiner Ausblick: Verdrossenheit bestimmt gerade viele Bestandteile des gesellschaftlichen Lebens – Politik, Wirtschaft, Medien. Mindestens die letzten beiden betreffen deine Werbestrategien. Das führt dazu, dass subtile Konzepte immer mehr Sinn machen. Niemand will sich für dumm verkauft oder manipuliert fühlen. Und die Sensibilität vieler Zielgruppen für authentische Medienformen wächst mit der zunehmenden Dauer der Mediennutzung.
Sei respektvoll, ehrlich, vertrauenswürdig. Wie der Verkäufer deines Vertrauens auf dem Wochenmarkt.